Sakko oder Streetwear, Bluse oder Zweiteiler? – Was ist die „richtige“ Dienstkleidung im Büro?

Sakko oder Streetwear, Bluse oder Zweiteiler? – Was ist die „richtige“ Dienstkleidung im Büro?

„Ich habe folgendes Anliegen: Welche Dresscode-Regeln gibt es fürs Büro oder kann man heutzutage anziehen, was man will? Aus den 1990gern ist mir noch der „Casual Friday“ geläufig, als einzigen Tag, an dem man Jeans anziehen durfte, aber das hat sich schon lange überlebt. Ich trage oft einen Zweiteiler im Mustermix, aber sollte der unifarben sein oder etwas bunter? Eine Kollegin von mir zieht beispielsweise sehr gerne T-Shirts mit Katzenmotiven an.“ (Stefanie A.)

Sehr geehrte Frau A., bei allen modischen Möglichkeiten, die sich heutzutage bieten, spielen viele von uns im Büro doch stets damit, jemand anderes zu sein, als zuhause. Das hat auch mit den Entwicklungen der SocialMedia-Welt zu tun, aber im Grunde betreiben Menschen schon immer auch sehr gerne Rollenspiele.

Und gelegentlich vermischen sich dabei die Rollen, was wohl für ihre Kollegin zuzutreffen scheint, die offensichtlich zuhause wie auf Arbeit eine Affinität für Katzen zur Schau stellt. Auch ich selbst stecke in einem Rollenspiel, wenn ich jeden Tag eine Entscheidung treffe, welches meiner fünf Sakkos ich anziehe. Und dass ich es mit meiner „Dienst(ein)kleidung“ ernst nehme, können Sie daran erkennen, dass ich mir in der Regel jedes Jahr zwei neue zulege und zwei aufgebe.Was man grundsätzlich bedenken muss ist natürlich, ob man / frau im Kontakt mit Bürgern oder anderen Klienten steht. Hier könnte eine freie Kleiderwahl zu Schwierigkeiten führen, wenn man zum Beispiel am Tresen bzw. der Front Office tätig ist und Besuchern (m/w/d) sozusagen als Repräsentant/in seiner Verwaltung oder Dienststelle entgegenzutreten hat.

Es gab Zeiten, da war an der Kleidung eines Verwaltungsmitarbeiters dessen Stand herzuleiten. Das fußte auf festgelegten Kleiderordnungen, um sozusagen die einflussreichen von den einflusslosen Mitarbeitenden unterscheiden zu können. In diesen Epochen hatte jeder Mensch seinen festen Platz in der Gesellschaft und kleidete sich danach und aus dieser Zeit stammt auch die Konvention, dass Kleider Leute machen.

Noch vor 100 Jahren konnten sich Verwaltungsmitarbeiter nicht jeden Tag ein frisches Hemd leisten, weshalb man in Büros kragenlose Hemden trug und dazu einen frisch weiß gestärkten Kragen anlegte. Heute jedoch gilt es mehr denn je, sich im Leben passend zu den verschiedenen Anlässen zu kleiden, wobei Mensch versucht, seine Identität mit Hilfe von Kleidung nach außen zu zeigen und sich selbst über das zu definieren, was man trägt – ob als Kleidung, Schuhwerk oder Körperschmuck.

Verabschiedung eines Kollegen. – AdobeStock#331184085

Natürlich kann man es niemandem verhehlen, sich zu fragen: Welche Art von Person wäre ich, wenn ich diese Art von Brille oder Frisur trage? Und Vorgesetzte legen heutzutage grundsätzlich immer weniger Wert darauf, festzulegen, wie man / frau sich richtig zu kleiden hat. Und trotzdem: Im Beruf möchte man schließlich durch sein gesamtes Auftreten überzeugen und hierzu gehört auch die Kleidung, in der man sich präsentiert. Gerade bei Einstellungsgesprächen trifft man auf Menschen, die sich optisch am besten präsentieren möchten. Und das geht natürlich nicht in Sneakers odewr aus der Form geratenem T-Shirt. Zudem belegen die verschiedenen Studien, dass die Kleidung großen Einfluss darauf hat, was andere von uns denken und halten. Gesellschaftlich wie im Büro.

Anzug, Hemd und Krawatte sind hierbei kein Muss. Schauen Sie mich an: Man kann sich auch ordentlich kleiden mit Jeans, einem Hemd (bei mir oft in schwarz und oben nicht zugeknöpft) oder einem Sweatshirt sowie einem Jackett oder Sakko. Die Krawatte ist zwar vorhanden und wird von mir auch zu besonderen Anlässen angelegt, aber nur dafür. Ihre Lösung mit dem Zweiteiler scheint mit adäquat zu sein, wobei wiederum bei besonderen Anlässen auch ein Kostüm passend sein kann. Da also in der Verwaltung der 2020er Jahre ein gelungener Dresscode unterschiedlich interpretiert werden kann, lässt dies auch bei der Kleiderwahl viele Freiheiten zu. Gepflegte Streetwear und ansprechende Sneakers können durchaus ihren Reiz haben.

Trotzdem kann ein erkennbares Kleidungskonzept helfen, in besonderen Situationen erkennbar und markant zu sein. Das nennt man auch „campaign’s look“, womit das textile Auftreten in einer Kampagne gemeint ist, im Gegensatz zum „signature look“, bei dem der Wiedererkennungswert dadurch im Vordergrund steht, dass man / frau immer den gleichen Look trägt, jedoch ohne langweilig zu wirken. Steve Jobs, Gründer und langjähriger CEO der Apple Inc. machte als „signature-Look“ den schwarzen Rollkrangenpullover, getragen auf blauen Levis 501-Jeans + New Balance Sneakers, zu seinem Markenzeichen. Die Garderobe seines Nachfolgers Tim Cook ist, da er sich „campaign’s look“ kleidet zumindest etwas abwechslungsreicher und besteht hauptsächlich aus dunklen bis schwarzen Jeans, dunkelblauen T- oder Sweatshirts mit Rundhalsausschnitt oder blauen Hemden plus Nike Sneakers. Bei weltweiten Präsentationen oft über der Jeans in der Trendfarbe seiner iPhones oder iPads.

Alsich 2019 als Ortsteilbürgermeister in Jenas zweitgrößtem Stadtteil kandidierte, hatte ich mir für den Wahlkampf-Kontakt mit den rund 14.000 EinwohnerInnen einen einheitlichen „signature look“ erdacht aus schwarzem Jackett, schwarzem T-Shirt oder Hemd und schwarzen Jeans plus Nike Roshe Run Sneakers. Den trug ich auf den Plakaten und Flyern und natürlich auf allen Veranstaltungen. (…)

In diesem Sinne

gez.

Rainer W. Sauer

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