Online-Zugangsgesetz vs. fehlendes Netz und Schneckentempo beim Ausbau

Online-Zugangsgesetz vs. fehlendes Netz und Schneckentempo beim Ausbau

„Nach dem Onlinezugangsgesetz sind Bund, Länder und Städte wie Gemeinden bis Ende 2022 dazu verpflichtet worden, dass sie ihre Dienstleistungen über Verwaltungsportale auch online anbieten müssen. Ich habe große Bedenken, dass dies angesichts der föderalen Struktur in Deutschland von Erfolg gekrönt sein wird. Wie sehen Sie das?“ (Hans-Martin D.)

Sehr geehrter Herr D.,

es ist richtig, dass Bund, Länder und Kommunen ab dem kommenden Jahr aufgrund des OZG verpflichtet sind, ihre Leistungen den Bürgerinnen und Bürgern nicht nur in ihren Büros sondern auch digital vorzuhalten – knapp 600 Dienstleistungen in 35 Lebenslagen und 14 übergeordneten Themenfeldern wurden hierfür aufgelistet. Mehr Infos hierzu findet mn im sog. Digitalisierungsleitfaden des IT-Planungsrates.

Die OZG-Leistungen werden im Rahmen von zwei Digitalisierungsprogrammen online umgesetzt. Im „Digitalisierungsprogramm Bund“ werden alle Leistungen mit Regelungs- und Vollzugskompetenz beim Bund themenfeldübergreifend und in Verantwortung des Bundes digitalisiert. Die Leistungen mit Regelungs- und/oder Vollzugskompetenz bei den Bundesländern bzw. Kommunen sind im „Digitalisierungsprogramm Föderal“ enthalten.

Übereinstimmend werden im Moment mehrere Problemfelder genannt, die die pünktliche Umsetzung des Gesetzes verhindern können, denn mit Blick auf 2022 wird der Erfolg des Gesetzes nicht nur daran gemessen werden, ob alle Verwaltungsleistungen online verfügbar sind, sondern vor allem daran, wie hoch Akzeptanz und Nutzung bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen sind. Zum einen sind bis weit ins nächste Jahr hinein trotz der 5G-Initaitiven die Datenraten zu klein und im ländlichen Raum fehlen nach wie vor stabile Netze, um überhaupt moderne und umfangreiche digitale Angebote machen zu können, sagt beispielsweise Bürgermeister a. D. Rupert Metzler, der inzwischen in Baden-Württemberg und darüber hinaus Kommunen in Digitalisierungsfragen berät. Die fehlende Infrastruktur liege auch an unklaren Fördervorlagen mit wechselnden Rahmenbedingungen, weshalb der Wille der Verwaltungen erlahme, stärker zu digitalisieren, so Metzler.

Mit der Umsetzung des OZG findet ja ein Paradigmenwechsel statt, der die Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt stellt und nicht die Verwaltungsarbeit. Prof. Dr. Isabell Peters vom Studieninstitut für kommunale Verwaltung Niedersachsen wies vor Kurzem drauf hin, dass Deutschland auch schon vor Corona in Punkto Digitalisierung hinter anderen europäischen Staaten hinterherhinkte. Als Beispiele für Erfolge beim E-Gouvernment nannte sie die Estland, Malta und Österreich. In Deutschland sei die Verantwortung dagegen auf verschiedene Ebenen delegiert. Deutschland sei hier möglicherweise von zu großem Willen zum Perfektionismus beseelt, so Peters. Man müsse nicht immer gleich den perfekten Wurf landen, sondern könne auch mit alltagstauglichen Lösungen ins Rennen gehen, sollte das Momentum nutzen und einfach mal loslegen.

Ich sehe das ähnlich, möchte aber hinzufügen, dass die öffentlichen Verwaltungen derzeit ohnehin die digitalen Abläufe neu strukturieren müssen, schließlich sind sie wegen der Corona-Krise seit Monaten damit beschäftigt, Schulen und Kindergärten am Laufen zu halten. Im Zuge dieser Chance muss versucht werden, die großen Unterschiede auf der Ebene der Mitarbeitenden zu überwinden. Hier reichen die innovativen Teile nicht aus, da es in der Verwaltungsstruktur auch sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die mit der Digitalisierung große Sorgen und Ängste verbinden.

Da aber Verwaltungen aufgrund der Bezahlung erhebliche Schwierigkeiten haben, geeignete IT-Mitarbeiter zu finden, müssen diejenigen aus den Kreis der vorhandenen Beschäftigten, die sich genau hier weiterqualifizieren wollen, schnell und umfassend gefördert werden.

In diesem Sinne

gez.

Rainer W. Sauer

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