„Ich könnte mich schwarz ärgern. Schon wieder ist ein Mensch aus meinen KollegInnen-Kreis, der mehrheitlich falsche Entscheidungen traf, sich mit fremden Federn schmückte und bei Meetings albern auftritt, die Karriereleiter hinauf gefallen. Mich hat man wieder einmal nicht genommen, obwohl ich deutlich mehr kann. Das kann doch nicht wahr sein. Deshalb frage ich Sie: Was läuft da schief?“ (Katja G.)
Sehr geehrte Frau G., mit Verlaub, das soll jetzt keine Beleidigung sein. Offensichtlich gibt es bei Ihnen gleich drei Pfeiffen: Den unberechtigt aufgestiegenen Menschen, denjenigen oder diejenige, der ihn hat aufsteigen lassen und leider auch Sie selbst. Denn genau in dem Moment, in dem jemand an Ihnen vorbeizog oder gezogen wurde, der möglicherweise tatsächlich ungeeigneter war, konnten Sie Ihr wahres Talent offenbar wieder einmal niemandem vermitteln. Sowas kann schon mal passieren, aber ich beziehe mich hier auf Ihre Formulierung „schon wieder“. Und das liegt dann aus meiner Erfahrung heraus eindeutig an Ihrer mangelnden Selbstvermarktung. Allerdings gibt es auch folgendes zu bedenken:
Im Arbeitsleben spielen in Bezug auf die Karriereleiter zwei Faktoren eine gewichtige Rolle: 1.) „Erfolg ist nicht immer fair.“ und 2.) „Unkraut vergeht nicht.“ Heißt übersetzt: 1.) Bedingt durch eine ungesunde Verwaltungs- bzw. Betriebskultur steigen oft Menschen auf, die im Grunde ungeeignet sind, auf die man sich aus verschiedensten Gründen aber bereits im Voraus „geeinigt“ hatte. Was uns zu 2.) führt: den Deals, aufgrund derer Menschen mit zweifelhafter Qualität versorgt, „umgeparkt“, aus der Schusslinie gezogen werden (s. a. das PETER-Prinzip). Es ist ein ehernes Gesetz im Management von Verwaltungen wie Firmen und Konzernen, dass oft nicht der Beste zum Zuge kommt.
Grund hierfür ist ein drittes Phänomen. Wahre Spitzenkräfte wirken wie Magneten, die automatisch andere Toptalente anziehen und mit ihnen umgeben sich auch gerne. Das fördert gegenseitige Herauszuforderungen, Inspiriration und am Ende den Erfolg. Zweitklassige Führungskräfte fürchten latent um ihre Position, haben Schiss davor, dass man ihnen Mittelmäßigkeit bescheiningt. In der Folge kaschieren sie eigene Mängel dadurch, indem sie sich mit Menschen umgeben, die ihnen mehrheitlich unterlegen sind. Also mit C-KollegInnen, von denen sie hin und wieder dennoch profitieren, denen sie aber zugleich in irgendeiner Form Schuld zuschieben können. Vielleicht waren Sie denen zu gut, kompetent, erfolgreich, weswegen Sie nicht zum Zuge kamen. Dadurch minimierten sie die Gefahr für sich selbst.
Nun aber zu Ihrer Selbstvermarktung: (…)
In diesem Sinne
gez.
Rainer W. Sauer, Jena
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