„Frau M. ist eine junge Mitarbeiterin, die wir vor anderthalb Jahren eingestellt haben. Sie ist eloquent, fleißig, kann Zusammenhänge schnell erfassen, Probleme lösen und hat sich bei uns gut eingelebt. Vom einen auf den anderen Tag möchte sie sich jedoch nicht mehr in den Dienst der Bürger stellen und sagt mir, es gebe gerade keine wichtigere Aufgabe als den Kampf gegen die Klimakrise. Das Geldverdienen sei ebenso nicht ihr primäres Interesse, weil sie Ersparnisse habe und vom Großvater etwas vererbt bekam. Ich bin sehr traurig über diese Entwicklung und weiß nicht, wie ich Frau M. halten kann. Haben Sie einen Rat?“ (Sebastian P.)
Sehr geehrte Herr P., was Sie schreiben gehört zu den typischen Problemen, die öffentliche Verwaltungen im Moment mit Mitarbeitenden der sog. Generation Z haben. In der Regel sind diese jungen Menschen bürgerlich aufgewachsen, haben eine gute Ausbildung, mit der sie im Öffentlichen Dienst derzeit immer einen Job finden können, haben meist auch ein finanzielles Polster, müssen also nicht von ihrem Brotjob leben können. Und genau das ist das Problem. Vielen liegt die Zukunft mehr am Herzen, als vielleicht die Arbeit, der sie oft sogar mit Freude nachgehen. „Wir haben nur noch wenig Zeit, die Klimakrise effektiv zu bekämpfen“, sagt mir schon vorletztes Jahr eine junge Dame, die ich einst eingestellt hatte und die sich fortan ihrem Masterstudium widmen wollte.
Um ihre Alterssicherung könne sie sich später kümmern, sagte sie und gab mir zum Abschied noch eine Denkaufgabe mit auf den Weg. Was wäre, wenn Löhne und Gehälter im ÖD gerechter aufgeteilt werden würden: könnte da nicht jeder viel flexibler arbeiten und sie müsste nicht kündigen? Letzteres ist übrigens keine Respektlosigkeit, sondern ebenso für GenZ-ler typisch. Was ein Vorgesetzter sagt wird nicht als Dogma hingenommen, sondern kann noch mal nach-gegoogelt werden, ob es wirklich so stimmt. So tickt die Generation Z und ich mache mir hierüber auch keine langen Gedanken mehr.
Um auf Ihre Frage zu antworten: Junge Mitarbeitende, die zwischen Selbstverwirklichung, Verwaltungsarbeit und der Hoffnung auf eine bessere Welt leben, kann man, wenn sie schon so weit vorausgedacht haben, wie Ihre Frau M., kaum noch halten. Sie sind – ich hoffe Sie und Ihre Mitarbeiterin, falls sie das hier liest, entschuldigen mir diesen Vergleich – wie wilde, freilaufende Ponys: wenn sie nicht ausreichend gefordert sind, können die sonst sehr freundlichen Tiere frech werden und wollen ihren eigenen Kopf durchsetzen. Die Verwaltungen bis hin zu einzelnen Führungskräften wie Sie selbst müssen angeregt werden, ihre eigenen, über Generationen festgefahrenen Verhaltensmuster und ihre Kommunikation zu überdenken.
Nur einmal angenommen, es gäbe in Ihrer Verwaltung eine Struktur, die sich mit Nachhaltigkeit, Klimaneutralität oder ähnlichen Themen befasst: ich bin mir sicher, die Kollegin hätte sich dort schlaugemacht, wie sie sich dienstlich hier einbringen kann und wäre damit vielleicht auch weiterhin als Mitarbeitende Ihrer Dienststelle erhalten geblieben. (…)
In diesem Sinne
gez.
Rainer W. Sauer
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