„Ich leite einen Fachdienst und habe folgendes Problem: Mehrere meiner Mitarbeiter:innen streuen gegenseitig Gerüchte und auch ganz offenbar Verleumdungen, was zu Beschwerden und seit Neuestem auch offenem Streit führt. Als Führungskraft würde ich mich am Liebsten aus den Konflikten heraushalten, was aber angesichts der Beschwerden nicht geht und ich habe deshalb schon über eine Mediation nachgedacht. Was raten Sie mir, was ich sonst noch tun kann?“ (Matthias C.)
Sehr geehrter Herr C., wie uns schon Friedrich Schiller in „Wilhelm Tell“ beigebracht hat, „… kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ In Ihrem Fall sind die Gerüchte und Verleumdungen streuenden KollegInnen noch nicht einmal böse Nachbarn sondern es ist Ihr persönliches „Kapital“, Ihre menschliche Ressource im Verwaltungsalltag und da sind gerade solche Konflikte bestens geeignet, um grobkörnigen Sand ins Getreibe der Arbeitsabläufe zu streuen. Auch wenn Ihre Seele persönliche Ruhe einfordert, müssen Sie handeln und haben hierfür die besten Absichten, versuchen, professionell darauf zu reagieren. Leider machen solche Bemühungen, solangs sie nicht professionell begleitet werden, die Dinge oft noch schlimmer – unter ganz besonderen Umständen entstehen meiner Erfahrung nach in Verwaltungen sogar paranoide Tendenzen.
Da Sie nicht sicher wissen, wer sich unwahr über einen / eine andere beschwert, können Sie auch nicht neutral Stellung beziehen und den Konflikt lösen. Schwelt er jedoch weiter bis am Ende niemand mehr dem anderen vertraut, werden Sie feststellen, dass es besser gewesen wäre, tatsächlich unabhängige Verwaltungstrainer oder Konfliktcoaches mit der Angelegenheit zu betrauen. Fakt ist nämlich, dass eine Beschwerde an sich in Wahrheit ein Gerücht ist, sofern der sich Beschwerende nicht ZDF, also Zahlen / Daten / Fakten zusammengetragen hat. Und hat er / sie das, führt dies wiederum für die Gegenseite in aller Regel dazu, dass sie sich überwacht fühlt. Was kann man also tun?
Ein Konflikttrainer würde raten: Sobald jemand zu Ihnen kommt und sich darüber beschwert, dass Kollege X etwas gemacht hat, sollten Sie ihn sofort stoppen und den Kollegen X dazu holen, denn „das besprechen wir jetzt zu dritt.“ Das Prinzip muss sein, dass sich eine Führungskraft nichts sozusagen „zu Ende“ anhört, ohne dass alle Beteiligten dabei anwesend sind. Und im Dreier-Gespräch sollte man anschließend Wert darauf legen (gerne in Form einer kleinen Gesprächseinleitung) dass aktiv zugehört wird, wenn eine Person redet,l und vor allem gewaltfrei kommuniziert wird. Denn Mitarbeitende brauchen die psychologische Sicherheit, Konflikte ansprechen zu können, ohne dass es iuns persönliche abrutscht.
Gerade das Streuen von Gerüchten bis hin zu Verleumdungen sind nicht-gewaltfreie, verletzende persönliche Angriffe. Anstatt: „Sie haben…“ oder „Du hast schon wieder xxx yyy zzz vergessen!“ wird daher in der Ich-Form kommuniziert, also: „Ich finde es nicht in Ordnung, dass…“ oder „Es ärgert mich, weil ich jetzt den ganzen Stress habe, den ich immer vermeiden wollte.“ Als Leiter sind Sie nun an der Reihe zu schlichten, auch mal einen Tadel auszusprechen oder – weil dies im 4-Augen-Gespräch zu weniger Gesichtsverlust führt – sich ihn für später aufzuheben. Wichtig ist: Für Vorwürfe und Anschuldigungen ist ein einem von Ihnen geführten Konfliktgespräch kein Platz. Eine Mediation würde aber nur dann hilfreich sein, wenn der Grundkonflikt bereits bekannt ist, da die Mediatoren stets neutral agieren und keine Partei, für welche Seite auch immer, ergreifen. Das jedoch löst nicht Ihre Aufgabe als Führungskraft.
Da es jedoch die verschiedensten Konfliktarten gibt, beispielsweise klassische Bedürfniskonflikte (Urlaub, der nicht funktioniert, weil jemand anderes sich zuerst eingetragen hat), Rollenkonflikte (die etwa durch Missverständnisse, Neid oder Misstrauen hervorgerufen werden), Verteilungskonflikte (andere haben ein größeres Büro / weniger Arbeit / einen schickeren Dienstwagen) oder strukturbedingte Konflikte (unklare Arbeitsabläufe, Zuständigkeiten, Hierarchien etc.), man / frau im Rahmen der Tätigkeit aber mit Menschen zusammenarbeiten muss, die nicht auf der gleichen Wellenlänge liegen oder einfach nur unterschiedliche Prämissen verfolgen, kann man als Führungskraft durchaus über externe Unterstützung zur Befriedung des Teams, der Abteilung oder Dienststelle nachdenken.
In diesem SInne
gez.
Rainer W. Sauer
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