Die Kollegin hat einen Fehler gemacht, der den Job kosten kann. Soll ich das beim Leiter erwähnen oder sie schützen?

Die Kollegin hat einen Fehler gemacht, der den Job kosten kann. Soll ich das beim Leiter erwähnen oder sie schützen?

„Ich habe mitbekommen, wie einer Kollegin, die noch in der Probezeit ist, ein Berechnungsfehler unterlaufen ist. Sollte ich so tun, als hätte ich keine Ahnung davon? Oder muss ich unserem Teamleiter davon erzählen, was dann Konsequenzen für die Kollegin mit sich bringen könnte, weil ich sie verraten habe?“ (Johanna E.)

Sehr geehrte Frau E., da ich Ihre Verwaltungsstruktur nicht kenne, vor allem aber nicht die Vorgesetzten in Ihrem Umfeld, ist es wichtig, dass Sie sich, bevor Sie handeln, fragen müssen, wie die Führungskräfte in der Vergangenheit damit umgegangen sind, wenn solche Fehler aufgefallen sind.

Wurden MitarbeiterInnen reglementiert? Wurden neu hinzugekommene nach der Probezeit nicht übernommen? Vor allem aber: gibt es eine sachliche, faire Gesprächskultur? Sie müssen daher für sich entscheiden, wie das Miteinander im Team funktioniert. Gibt es einen großen Zusammenhalt, können die KollegInnen einander vertrauen oder kämpft jeder nur für sich? Ganz wichtig: Wenn jemandem Fehler unterlaufen sind, wie ließ sich bisher mit solchen Personen kommunizieren? Haben Sie für sich eine Meinung dazu gebildet, dann hilft Ihnen ein Prinzip der sog. „gewaltfreien Kommunikation“ weiter. Hiernach sprechen sie in einem ruhigen Moment mit der Kollegin, schildern das Problem aus Ihrer Sicht und zwar ganz ohne Wertungen und Emotionen. Sie könnten sagen, dass Ihnen der Fehler aufgefallen und zwar wie und weshalb. Dann könnten Sie Ihre Besorgnis formulieren, dass Sie vermuten, wenn der Teamleiter nichts davon erfährt oder womöglich sogar erst nach Ablauf der Probezeit, dass dies Folgen haben könnte und Sie sich wünschen, dass die Kollegin ihren Fehler vor dem Vorgesetzten eingesteht, damit Sie nicht in Schwierigkeiten geraten, weil Sie nichts gesagt haben.

Nun kommt es auf das Gegenüber an. Bittet Sie die Kollegin, dicht zu halten oder fleht sie Sie an, dass der Leiter nichts davon erfahren darf, müssen Sie in Ruhe überlegen: a) Wie schwer wiegt der Fehler? b) Sollten auch Sie die Information geheim halten? Wichtig ist: Wenn das „Stillhalten“ Ihren eigenen Berufsweg oder gar den von anderen KollegInnen beeinträchtigt, wäre das toxisch. Und auch wenn die Kollegin Sie später meidet oder sauer ist, weil Sie sie verraten haben, hat das weniger mit Ihnen selbst zu tun sondern eher mit dem Ego der Kollegin, denn Sie haben / hatten keineswegs leichtfertig gehandelt, sondern sogar das Gespräch mit ihr gesucht.

In diesem Sinne

Ihr

Rainer W. Sauer

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